ZURÜCK zu Führungen    Vortrag von Prof. Dr. Holger Gräf
                                             in der Gemeinde Bücherei
     

 „Soldatenhandel im 18. Jahrhundert – Hessen-Kassel“

Am 15.04.10 war er mit seinem Vortrag zum „Soldatenhandel in Hessen im 18. Jahrhundert“ Gast beim Rodenbacher Geschichtsverein. Die 1. Vorsitzende Inge Frick begrüßte ihn in der Gemeindebücherei, und man merkte sofort, dasProf. Gräf im Gespräch mit Inge Fricks er, obwohl schon seit 30 Jahren nicht mehr in Rodenbach ansässig, hier „zu Hause“ war.

Als Allererstes aber wollte er das Heimatmuseum sehen. Frau Frick führte ihn. Über 100 Besucher fanden sich dann ein, es war „gestopft voll“, aber niemand musste sein Kommen bereuen.

 2007 wurden in Marburg 130 Briefe aus den Jahren 1772 – 1784 gefunden. Der Marburger Kriegsrat Georg Ernst von und zu Gilsa hatte sie erhalten, 55 von Kriegskameraden aus Amerika. Da tobte der Krieg Englands gegen seine abtrünnigen Kolonien, mit 20.000 hessischen Soldaten auf englischer Seite. Die Briefe waren unzensiert (wegen ihres Empfängers „Diplomatenpost“). Prof. Gräf wertete sie aus, eine mühselige Arbeit, aber mit hochinteressanten Ergebnissen, die jetzt in Buchform vorliegen.

 In seinem Vortrag stellte Prof. Gräf verschiedene Briefeschreiber vor, auch ein Freiherr von Gall ist darunter (in Hanau ist der Psychiater und Buchautor Dr. Manfred von Gall sehr bekannt).

Vor allem räumte Prof. Gräf mit einigen Mythen auf. Keineswegs war, wie man bisher weithin glaubte, der Landgraf von Hessen-Kassel ein Willkürherrscher, der 1776 seine 20.000 Landeskinder (es gab überhaupt nur 400.000) für schnöden Mammon als Söldner der Engländer in ihrem Krieg gegen ihre rebellierenden Kolonien in Amerika eiskalt in den Tod trieb. Der Krieg war grausam wie jeder Krieg, man kämpfte noch Mann gegen Mann, nicht zu Unrecht sprach man vom „Kriegshandwerk“. Der Soldat war, wie schon der Name sagt, Söldner. Das Kämpfen war sein Job, man teilte aus und steckte ein (im allgemeinen mit Nerven wie Drahtseilen - aber es gab Ausnahmen, Gilsa wurde im Alter von Depressionen geplagt). Privat aber war der Feind oft, wenn nicht gut Freund, so doch Kollege und vielleicht sogar Ehrenmann. In ihren Briefen brachten Gilsas Kameraden immer wieder zum Ausdruck, dass die „Amerikaner“ den „Europäern“ eigentlich in vielfacher Weise überlegen waren (übrigens auch äußerlich, was die Frauen angeht: sie waren ausnehmend hübsch – später stellte sich freilich heraus, dass es wohl Prostituierte waren...). Im übrigen trafen in Amerika Engländer und Deutsche (in der Armee der britischen Krone) auf Engländer und Deutsche (als Söldner in Amerika).

Von den 20.000 Hessen sind „nur“ rund 600 gefallen. Eine ganze Anzahl hat sich in Amerika in ein Mädchen verliebt, das wurde dann als Ehefrau heimgeführt – in die alte hessische Heimat. Andere blieben in Amerika. Die alte Heimat aber blühte geradezu auf, denn der Landgraf ließ das Geld, das er mit der „Vermietung“ der Soldaten einnahm, seinem Land zugute kommen. Die Steuern wurden gesenkt, und es wurden Straßen und Schulen (natürlich die damaligen!) gebaut oder ausgebaut. Viele Dörfer und Städte im Hessischen sind heute noch erstaunlich wohlhabend. Übrigens war die Moral in den hessischen Truppen – trotz aller Härte des Krieges – so gut, dass ein Ehrenwort galt. Z.B. sollte nicht in Richtung Heimat gejammert werden, schon gar nicht über Privates. Man hielt sich in seinen Briefen daran. (Mancher Besucher fragte sich, warum man auch heute noch Fürsten wenig Gutes zutraut: Braucht die Demokratie so ein Feindbild?)

 

 

Vortrag von Prof. Gräf Viele intressierte Zuhörer Nachträgliche Fragen Vortrag mit Beamer Der Verkauf vom Kerchturmgickel Die Beteiligten

 

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